22.06.2025 –, ZKM Medientheater
Sprache: Deutsch
Wenn man nur einen Hammer hat, sieht alles aus wie ein Nagel – so fühlt es sich manchmal an, wenn man die Begeisterung rund um „KI“ betrachtet. Gemeint ist dabei fast immer nur der Teilbereich generativer KI, die mit stochastischen Methoden plausible Ergebnisse produzieren soll. Links liegen bleibt dagegen „Good Old-Fashioned AI“, also regel- und logikbasierte Systeme, die mit semantischen Daten deterministische Schlüsse ziehen, ganz ohne Konfabulationen. Wer diesen Weg begeht, schafft gleichzeitig die Voraussetzungen für mehr Transparenz, Open Data und solide IT-Basisinfrastruktur. Prolog statt Chatbot, Daten statt Office-Dokumente – wir schlagen einen kleinen argumentativen Werkzeugkasten vor, wie wir als Community für solide, abgehangene IT-Lösungen auf dem Stand der Zeit bei Stadt, Land und Bund werben können anstatt für generativen KI-Budenzauber.
Wer auf öffentlichen Bühnen „KI“ sagt, meint gerade viel zu häufig einfach nur das Teilgebiet der generativen Systeme, mit hohem Energieaufwand und einer Schleppnetzrunde durch die Inhalte des Web trainiert. Das User Interface und die Ergebnisse dieser Systeme wirken faszinierend, sie werden häufig anthropomorphisiert als seien sie Personen, und in der öffentlichen Debatte haben sie den Rang eingenommen, den vor sieben Jahren noch Blockchains haben – egal welches Problem, generative KI ist die Lösung.
GenAI ist aber nur ein Teilgebiet von zwei historischen Strömungen im Forschungsfeld KI. Die andere Strömung, symbolische KI oder GOFAI („Good Old-Fashioned AI“) kommt vergleichsweise bescheiden daher: Daten und Wissensbestände sollen so aufbereitet werden, dass sie maschinell nach logischen Regeln ausgewertet werden können. Auch Prolog ist also „KI“, nur weiß das spätestens auf politischer Ebene kaum jemand mehr!
Der einseitige Fokus auf generative Systeme hat aber absurde Seiteneffekte und Folgen vor allem für den Staat, der gerade genAI an allen möglichen passenden und vor allem unpassenden Stellen einzusetzen versucht. Denn ein heuristisches System ist zwar ausreichend, wenn es zum Beispiel darum geht, auf einem Bild einen Apfel zu erkennen. Für eine Verwaltung, die nach Regeln vorgehen und Gleiches stets gleich behandeln muss, sind regelmäßige stochastische Fehler aber nicht akzeptabel – ganz zu schweigen von den Seiteneffekten rund um Energieverbrauch und strategischen Abhängigkeiten.
Wir möchten einen kleinen Werkzeugkasten vorschlagen, mit dem Du genAI-Projekte zerfragen und auf die strategischen Vorteile von Wissensgraphen und regelbasierten Systemen hinweisen kannst – und mit dem Du auch deine örtlichen GemeinderätInnen und Abgeordneten in die Lage bringen kannst, das zu tun. Denn vieles hängt einfach nur daran, Informationen nicht mehr in Office-Dokumenten (der „Käfighaltung für Daten“), sondern in Wissensgraphen zu speichern. Oder mit kleinen ETL-Skripten viel mehr Wiederverwendbarkeit und auch Open Data schaffen zu können als mit einem teuer beauftragten genAI-Projekt.
Denn für viele vorgeschlagene Einsatzfelder gäbe es schon längst Lösungen, basierend auf abgehangener und bewährter Technologie – und gar nicht selten als Freie Software aus der digitalen Zivilgesellschaft entwickelt, die seither einfach ignoriert wurde.
Ich bin über eine Kaskade von Rabbit Holes irgendwann im Studium in einen Kessel voller Open Data gefallen und habe seither nie aufgehört, weiterzugraben. Irgendwann kam Verwaltungsdigitalisierung dazu, wo ich im Maschinenraum einer Kommune hands-on ausprobieren durfte, was geht und woran Dinge scheitern. Gescheitert ist dann das Experiment, aus der engagierten digitalen Zivilgesellschaft eine Kommune ins 21. Jahrhundert zu bringen, weil man dafür dorthin hätte schauen müssen, wo's wehtut. Seit 2022 darf ich für WMDE vor allem in der Bundespolitik dorthin schauen, wo's weh tut und Finger in Wunden legen – aber vor allem auch zeigen, welche viel bessere Welten eigentlich möglich wären.
Lokaler Space: temporärhaus in Neu-Ulm